Inhaltsverzeichnis
Schulterschmerzen — Ursachen, Diagnostik und wie Chiropraktik & Osteopathie wirkungsvoll helfen können
Einleitung
Schulterschmerzen beschreibt ein Symptomfeld, das von akuten Verletzungen bis zu chronischen, degenerativen oder entzündlichen Prozessen reicht. Für Patientinnen und Patienten bedeuten Schulterschmerzen häufig Schlafstörungen, eingeschränkte Armfunktion im Alltag und Arbeitsausfall. Als Behandler (Chiropraktiker / Osteopath) ist das Ziel: Ursache identifizieren, Gefährdungen ausschließen, den akuten Schmerz reduzieren, Funktion wiederherstellen und Rückfallprävention implementieren — alles evidenzbasiert und patientenzentriert. In diesem Beitrag werden Ursachen, pathophysiologische Mechanismen, die klinische Diagnostik kurz (ohne tiefe bildgebende Algorithmen), die vorhandene Evidenz zu chiropraktischen und osteopathischen Interventionen sowie konkrete, praxisnahe Behandlungsstrategien und Prognosen erläutert.
1) Relevante Anatomie
Die Schulter ist ein hochbewegliches Verbund-System: Glenohumeralgelenk (Humeruskopf/Glenoid), Akromioklavikulargelenk, Sternoklavikulargelenk, Scapula-Thorax-Gelenk (Skapulothorakaler Rhythmus) sowie die Rotatorenmanschette (Supraspinatus, Infraspinatus, Teres minor, Subscapularis) und die Peri-/Paraschulter-Muskulatur. Störungen der Rotatorenmanschette, subacromiale Bursa, Kapsel (Adhäsive Capsulitis), AC-Gelenk oder angrenzende Hals-/Brustwirbelsäulenfunktionsstörungen können Schulterschmerzen erzeugen oder verstärken. Diese anatomischen Zusammenhänge sind zwingend, um funktionelle Kompensationen und Fernwirkungen (z. B. thorakale Einschränkungen) zu verstehen.
2) Diagnosen, die Schulterschmerzen verursachen
• Rotatorenmanschetten-Tendinopathie / Tendinose (inkl. Subacromialimpingement). Sehr häufig; Schmerz bei Abduktion/Überkopfarbeiten.
• Bursitis subacromialis (Schleimbeutelentzündung) — oft zusammen mit Rotatorenmanschettenproblemen.
• Adhäsive Capsulitis (Frozen Shoulder) — schmerzhafte, progressive Einschränkung der Beweglichkeit; Assoziation mit Diabetes/Endokrinopathien.
• AC-Gelenksarthropathie / Distorsion — Lokal- und Belastungsschmerz am lateralen Schlüsselbein.
• Kalkschulter (Tendinosis calcarea) — akute starke Schmerzen möglich.
• Sekundäre Schulterschmerzen durch HWS/Thorax — z. B. cervicogenic referral oder thorakale Bewegungseinschränkung, die scapuläre Kinematik stört. Studien zeigen, dass thorakale/manuelle Behandlungen die Schulterbeweglichkeit kurzfristig verbessern können.
3) Risikofaktoren und Pathomechanismen
• Alter, repetitive Überkopfarbeiten, Fehlbelastung/ungleiche Belastungsverteilung.
• Metabolische Komorbiditäten (Diabetes, Schilddrüsenfehlfunktionen) erhöhen Risiko für Adhäsive Capsulitis.
• Neuro-muskuläre Dysbalance (schwache Skapulamuskulatur, inkompensierter Haltungsstress) führt zu sekundärer Impingement-Mechanik.
• Chronische Fehlreize → Tendinöse Degeneration (Tendinose) statt akute Entzündung. Pathophysiologisch sind mechanische Reize, Mikrotraumata und fehladaptierte Reparaturprozesse relevant.
4) Klinische Erstbeurteilung — worauf Chiropraktiker und Osteopathen achten müssen
Ziel: klare Differenzierung zwischen muskuloskelettischen, inflammatorischen oder schwerwiegenden Differenzialdiagnosen (Fraktur, Infektion, Tumor, vaskuläre Ursachen).
Kurzprotokoll:
• Anamnese: Beginn, Verlauf, Trauma, Systemzeichen (Fieber, Gewichtsverlust), Vorerkrankungen (Diabetes).
• Funktionsprüfung: aktiver vs. passiver Bewegungsumfang, spezifische Tests für Rotatorenmanschette, AC-Gelenk, Scapula-Dyskinesie, HWS-Screening.
• Neurostatus: sensibel, motorisch, Reflexe ausschließen.
• Red Flags → sofortige Überweisung/weitere Abklärung: nächtliche Ruhezustandsschmerzen mit systemischen Symptomen, rasch progrediente Lähmungen, hohes klinisches Trauma, Verdacht auf septische Arthritis.
Diese klinische Basis ist zwingend vor manueller Intervention. Ohne Ausschluss der Red Flags ist jede manuelle Therapie fahrlässig.
5) Evidenzlage: Was sagen PubMed-Studien zu Chiropraktik & Osteopathie bei Schulterschmerzen?
Die Studienlage ist heterogen — unterschiedlich in Diagnosen, Interventionen (thrust-Manipulation, Mobilisation, Weichteiltechniken, osteopathische Techniken), Messzeitpunkten und Vergleichsinterventionen. Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten:
a) Systematische Reviews / Übersichtsarbeiten
• Eine systematische Review zu thrust-Manipulationen bei nicht-chirurgischen Schultererkrankungen fand begrenzte, aber vorhandene Hinweise, dass manipulative Techniken kurzfristig Schmerz und Funktion verbessern können; die Qualität der Studien variiert.
• Reviews zu manueller Therapie bei Rotatorenmanschetten-Erkrankungen zeigen, dass manuelle Techniken Mobilität und Schmerz kurzfristig verbessern können; der Zusatznutzen gegenüber anderen konservativen Maßnahmen ist jedoch variabel und oft klein bis moderat.
b) Randomisierte kontrollierte Studien
• Thorakale Manipulation hat in RCTs kurzfristig Range-of-Motion und Schmerz bei Schulterpatients verbessert — Effekte unmittelbar nach Intervention messbar. Das deutet auf eine wertvolle Rolle von thorakaler SMT bei Patienten mit kombinierten thorako-skapulären Funktionseinschränkungen.
• Pragmatic RCTs untersuchten osteopathische Behandlungen bei Schulterschmerzen und fanden Hinweise auf Verbesserungen in Schmerz und Funktion gegenüber Wartekontrollen; viele Studien sind jedoch klein und unterscheiden sich in Technikumfang und Dosierung.
c) Metaanalysen & jüngste Erkenntnisse
• Neuere Meta-Analysen zu osteopathischen manuellen Techniken bei lokalisiertem Gelenkschmerz zeigen, dass OMT (osteopathische manipulativmedizinische Techniken) einen statistisch signifikanten, aber klinisch teilweise kleinen Effekt auf Schmerzreduktion bei Gelenkschmerz erzielen kann — die Übertragbarkeit speziell auf alle Formen von Schulterschmerzen ist eingeschränkt und erfordert weitere RCTs. (aktuelle Meta-Analyse 2025 zu OMT bei Gelenkschmerz).
Interpretation der Evidenz:
• Es gibt moderate Evidenz, dass manuelle Interventionen (einschließlich chiropraktischer/manipulativer Techniken und osteopathischer Behandlungen) kurzfristig Schmerzen reduzieren und Beweglichkeit verbessern können. Langfristige Überlegenheit gegenüber anderen konservativen Maßnahmen ist nicht eindeutig belegt. Studien variieren stark in Methodik und Outcome-Messung; daher: individuelle Indikationsstellung ist entscheidend.
6) Mögliche Wirkmechanismen manueller Therapie
• Biomechanisch: Verbesserung der Gelenk- und Thorax-Mobilität führt zu besserem Scapula-Humerus-Rhythmus und reduziert mechanische Einklemmung. Studien zeigen kurzfristige ROM-Verbesserungen nach thorakaler Manipulation.
• Neurophysiologisch: Modulation nociceptiver Verarbeitung, verminderte Muskeltonus-Übererregung und Reflexhemmung können Schmerzen reduzieren.
• Vaskulär/Entzündlich: Lokale Durchblutungsänderungen und metabolische Effekte durch Weichteiltechniken und Mobilisation sind plausible Ergänzungen.
• Psychosozial: Therapeutische Interaktion, Patientenedukation und Erwartungseffekte tragen zum Ergebnis bei — nicht zu unterschätzen.
7) Konkretes, praxisorientiertes Vorgehen für Chiropraktoren & Osteopathen
Prinzip: systematisch, sicher, evidenzorientiert und funktional — keine „one size fits all“.
7.1) Erstkontakt / Assessment
• Vollständige Anamnese (inkl. Beruf, Sport, Vorerkrankungen wie Diabetes).
• Standardisiertes funktionelles Screening: aktive/passive ROM, isometrische Tests, Skapuladynamik, HWS-Screen, neurologische Tests, Schmerzbeherrschung (VAS / NRS).
• Dokumentation der Ausganswerte (ROM, Schmerzskala, Funktionsfragebogen).
7.2) Behandlungsplanung (Beispielprotokoll — adaptierbar)
Phase A — Akut/Schmerzreduktion (1–2 Wochen):
• Sanfte manuelle Techniken zur Schmerzlinderung: lokale Weichteiltechniken, myofasziale Release, passive Mobilisationen am Glenohumeralgelenk bei tolerierbarer Belastung.
• Wenn thorakale oder zervikale Dysfunktion vorhanden: gezielte thorakale Manipulation/Mobilisation (RCTs zeigen kurzfristige ROM-Verbesserung).
• Dosierung: konservativ, 1–2 Behandlungen pro Woche initial; Schmerzen und Reaktion eng überwachen.
Phase B — Mobilitäts- & Funktionserweiterung (2–8 Wochen):
• Progression zu mobilisierenden Manipulationen, eskalierende Weichteiltechniken (Faszien, Triggerpunktarbeit), gelenkspezifische Mobilisationen (Glenohumeral anterior/posterior glide, Scapularestoration).
• Integration von scapulären Mobilitätszielen (Skapulakontrolle). Studien zur manuellen Therapie bei Rotatorenmanschettenproblemen zeigen funktionelle Verbesserungen in Kombination mit gezielten Maßnahmen.
Phase C — Resilienz & Rückfallprophylaxe (ab Woche 6+):
• Patientenschulung: ergonomische Anpassungen, belastungsangepasste Alltagsstrategien, home-management (aktive Selbstübungen können von Chiropraktikern/Osteopathen vermittelt werden).
• Follow-up Intervalle reduzieren, Outcome-Messung (z. B. SPADI, QuickDASH) zur Qualitätskontrolle.
7.3) Dokumentation & Outcome
• Messen: Schmerznummerische Skala, ROM, funktionelle Scores.
• Audit: regelmäßige Review-Meetings in der Praxis zur Optimierung von Therapiepfaden.
8) Wann man nicht manuell behandeln sollte
Sofortige Überweisung/abklärende Diagnostik bei:
• Klinischer Verdacht auf septische Arthritis (Fieber, progrediente starke Schmerzen, starke Ruheschmerzen).
• Neurologische Defizite (motorisch/sensibel) — mögliche Wurzelkompression oder größere Läsion.
• Fraktur, akutes Hochrisiko-Trauma.
• Unklare systemische Zeichen (Gewichtsverlust, Nachtschweiß).
Diese Konstellationen gehören aus der Praxis-Sicht sofort abgeklärt. Behandler müssen diese Red Flags erkennen. (StatPearls / Reviews zu Adhäsive Capsulitis & differentialdiagnostik).
9) Prognose
• Akute, nicht-komplexe Ursachen (z. B. mikrotraumatische Tendinopathie ohne Ruptur): gute Chance auf deutliche Besserung innerhalb Wochen bis Monaten mit adäquater manueller Versorgung und funktioneller Rehabilitation.
• Adhäsive Capsulitis: längerer Verlauf (Monate bis >1 Jahr) möglich; manuelle Interventionen können Funktion verbessern, aber Aufklärung über längere Erholungszeit ist nötig.
• Massive Rotatorenmanschettenruptur: konservative manuelle Ansätze können Teilkonzepte liefern, aber limitierte Reparationsfähigkeit — hier sind chirurgische Optionen und spezialisierte Beratung zu erwägen.
10) Konkrete Studienbelege
• Systematic review — thrust manipulation for non-surgical shoulder pain (PMC5215137): begrenzte Evidenz, kurzfristige Verbesserungen möglich; Studien heterogen. Empfehlung: gezielte Manipulation kann Teil eines multimodalen konservativen Ansatzes sein.
• Immediate effects of spinal manipulation on shoulder ROM (PMC6522436): Thorakale Manipulation zeigte unmittelbare ROM-Verbesserungen bei Patienten mit Schulterschmerzen — das unterstützt die Indikation für thorakales Arbeiten bei Skapula-dysfunktion.
• Systematic review on manual therapy for rotator cuff injury (PMC11046180): Manuelle Therapie kann Schmerzen reduzieren und Funktion verbessern; Zusatznutzen im Kontext variabel.
• Osteopathic treatment pragmatic RCT (PubMed 32825990): Pragmatic trial zeigte Wirksamkeit osteopathischer Behandlung bei Schulterschmerzen gegenüber Kontrollbedingungen (Hinweis: Studienumfang und Methodik beachten).
• Meta-analysis on adding MT to exercise (PubMed 36517977): In einigen Settings wurde kein signifikanter Vorteil gefunden, wenn manuelle Therapie zu Übungsprogrammen hinzugefügt wurde — Bedeutung: kombinatorische Strategien und individuelle Anpassung sind zentral.
11) Schlussfolgerung
• Schulterschmerzen sind multifaktoriell. Als Chiropraktiker oder Osteopath können Sie bei vielen Patienten akut und funktionell wirksam intervenieren. Die Evidenz unterstützt insbesondere kurzfristige Schmerzreduktion und Beweglichkeitsverbesserung durch thorakale/vor-Ort-Manöver und osteopathische Techniken.
• Wichtig: realistische Kommunikation mit dem Patienten, sorgfältige Red-Flag-Screenings und dokumentiertes Outcome-Monitoring. Die kombinierte, auf den Patienten zugeschnittene Anwendung manueller Techniken ist zielführender als ideologisch dogmatische Einzelmethoden.
• Meine klare Empfehlung für die Praxis: Setzen Sie manuelle Therapie gezielt, dosiert und messbar ein; nutzen Sie thorakale Manipulation bei nachgewiesener thorakaler Dysfunktion; monitoren Sie Effekte und eskalieren/überweisen bei fehlendem Ansprechen oder komplizierten
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